Gülru Ensari, Klavier
Ich kann mich an ein Leben ohne Musik nicht erinnern. Meine Mutter, selber Pianistin, unterrichtete von morgens bis abends Klavier und mein Vater, ein begeisterter Hobbygitarrist, füllte unser Zuhause ebenfalls mit Musik.
So war es dann selbstverständlich, dass ich selber mit dem Klavierspiel begann: Mit sechs Jahren habe ich gleichzeitig mit dem Eintritt in die Grundschule auch meine Ausbildung am Konservatorium begonnen, wo ich nach dem französischen System der „Conservatoires“ einmal pro Woche Solfeggio sowie Klavierunterricht bei Nihan Yapali erhielt. 1991 war ein Wendepunkt in meinem Leben: Nachdem ich bei der wichtigsten Prüfung in der schulischen Ausbildung der Türkei einen Platz bei der Deutschen Schule Istanbul bekam, durfte ich jedes Jahr beim deutschen Jugendmusikwettbewerb „Jugend musiziert“ teilnehmen. Fünf Jahre hintereinander gewann ich dort erste Preise in unterschiedlichen Kategorien. Diese Erfolgserlebnisse, aber auch die intensiven Freundschaften unter jungen Musikern waren für mich der ausschlaggebende Grund, das Klavierspiel zu meinem Beruf machen zu wollen.
Meine Klavierlehrerin Prof. Meral Yapali war die prägende Gestalt in meiner musikalischen Ausbildung in Istanbul. Aus dem Lehrer-/Schülerverhältnis entwickelte sich bald eine sehr persönliche und liebevolle Beziehung. Ich war fast jedes Wochenende bei ihr, wir haben von morgens bis abends geübt, gekocht, Musik gehört und Filme geschaut.
Mit einem Stipendium der Deutschen Schule Istanbul konnte ich mir 2007 meinen Traum erfüllen und in Köln studieren. Meinen dortigen Klavierprofessor, Prof. Vassily Lobanov hatte ich in der Sommerakademie des Mozarteums in Salzburg kennengelernt, als ich 18 Jahre alt war. Am meisten konnte ich mich für die Kammermusik begeistern, vielleicht auch wegen des sozialen und zwischenmenschlichen Aspektes, der mir in meinem Leben immer wichtig war. Mit Prof. Anthony Spiri hatte ich einen unglaublichen, sehr inspirierenden Lehrer für Kammermusik, bei dem ich meinen Master absolvieren durfte. Meine Leidenschaft für die Kammermusik hat mich glücklicherweise mit weltbekannten, großartigen Musikern zusammengebracht, so wie Gautier Capucon, Clemens Hagen, Mirijam Contzen, Sebastian Manz, Ilya Gringolts und Matvey Demin.
Im Jahr 2014 habe ich den Pianisten Herbert Schuch geheiratet. Wir sind nicht nur ein Liebes-, sondern auch ein Klavierduo. Wir treten gemeinsam in wunderbaren Konzertsälen in Europa und der Türkei auf, und haben bereits zwei CD-Einspielungen mit einem breit gefächerten Repertoire aufgenommen.
2019 bin ich eine sehr glückliche Mutter geworden! Eine neue Identität neben meinen anderen Identitäten als Wanderin zwischen Köln und Istanbul, Tochter, Schülerin, Pianistin, Frau und das Wichtigste: als Mensch.